Das kann kein Zufall sein. Einen Tag vor dem Weltfrauentag am 8. März wird der Oberfrauenversteher Silvio Berlusconi zu einem Jahr Haft verurteilt, der polyamor lebende und somit Frauen verheizende Johannes Ponader hat bei den Piraten seinen Rücktritt angekündigt und die vom Stern und irgendwo ja auch Rainer Brüderle angezündete Debatte um Sexismus in der Gesellschaft wird neu entfacht. Ausgerechnet vom Bundespräsidenten und dem Otto-Versand.
Es war doch gerade Ruhe eingekehrt. Frauen begannen langsam wieder damit, Vertrauen zu Männern zu fassen, sie nicht nur als trieb gesteuerte Unterdrücker wahrzunehmen, die zu faul zum Kochen sind und beim Thema Klitoris an einen griechischen Fußballer denken. Da geht die ganze Chose wieder von vorne los. Sexismus allerorten. Und nur, weil unser Buprä vermutlich das erste und einzige Mal in seinem Leben ein bestimmt mit Bedacht gewähltes Wort im aktuell unpassendsten Kontext verwendet hatte, den er finden konnte. Er sagte im Interview mit dem Spiegel das Wort „Tugendfuror“. Oh, Mann. Ein Wort, das man eigentlich erst erfinden müsste. Er hätte auch Moralaposteln sagen können. Da wäre bei seinem beruflichen Hintergrund wenigstens von Anfang an klar gewesen, was er gemeint hat. So musste die ansonsten recht flott reagierende Twitter #Aufschrei-Truppe erst einmal ein paar Tage ins Land ziehen lassen, ehe sie sich darüber im Klaren wurde, dass sie sich durch die Aussage beleidigt fühlte. Dabei äußerte Gauck doch Verständnis für die Frauen und wollte nur sagen, dass man es mit der Fülle der Sexismusvorwürfe bisweilen vielleicht auch übertrieben haben könnte. Das wäre natürlich zu lang gewesen. Also sagte er „Tugendfuror“. Bevor jetzt alle morgen zum dm rennen, um sich neue Zahnpasta zu holen, Furor hilft nicht gegen Paradonthose – ist aber auch nichts Schlimmes. Der Begriff kann in etwa sogar so viel wie „leidenschaftliche Hingabe“ oder „Lust“ bedeuten. Wenn Gauck meinte, dass das Thema wichtig und die Brisanz erkannt sei, jedoch bei aller Leidenschaft für die Sache auch irgendwann mal gut sein müsste, dann liegt er doch nicht sooooo falsch. Oder?
Nein(!), sagen hunderte Besucher der Facebook-Repräsentanz des Versandhändlers Otto. Der hatte nämlich ein hippes T-Shirt für Jugendliche in Deutschland und Österreich im Angebot auf dem draufstand: „In Mathe bin ich Deko“. Natürlich gab es dieses Kleidungsstück nur für Mädchen, so dass die Sexismus-Jägerinnen und –jäger schnell wieder Witterung aufgenommen hatten und einen Shitstorm starteten. Otto vorzuwerfen, Mädchen absichtsvoll in die Nähe von Mathelegasthenikern zu schneidern, ist natürlich absoluter Quatsch. Für Jungs gab es ähnliche Shirts. Ich glaub’ „Mathe-Allergiker“ war da zu lesen. Und selbst wenn nicht: Kürzlich sind Mädels, junge und nicht mehr ganz so junge Frauen noch mit zu knapp sitzenden Textilien herumgelaufen auf dem Worte wie „Zicke“, „Hexe“, „Bitch“ oder noch schlimmeres aufgedruckt war. Freiwillig. Das war nicht nur völlig stillos, sondern sah’ auch noch scheiße aus. Dagegen ist das Mathe-Shirt geradezu originell. Wo ist der #Aufschrei, wenn man ihn wirklich braucht?
Bin gespannt, was als nächstes passiert. Vielleicht eine Erdkunde-Reform, weil in geografischen Namen zu viel Sexismus gefunden wurde. Weg mit dem Jadebusen? Nieder mit dem Jungfraujoch? Den Titi-See austrocknen?
Was ich sagen will: Frauen, ihr seid toll. Genießt das doch endlich mal und kommt ein bisschen runter….Ihr riecht besser, seid schöner, einfühlsamer, multi-tasking-fähiger, belastbarer (mit Ausnahme von Chuck Norris), geschmackvoller, aufgeschlossener, flexibler und friedlicher als Männer. Und dann werdet ihr auch noch älter. Die Zeit spielt für euch. Ihr entert die Vorstände! Dafür braucht es keine Quote.
Wenn ihr jetzt noch den letzten sämigen Schluck aus der Saft- und Milchpackung trinken und nicht immer für eure Jungs übrig lassen würdet, dann wäre euch meine ewige Dankbarkeit gewiss. Aber das ist eine andere Geschichte…
In diesem Sinne, einen schönen Frauentag!